Nachhaltiges Bauen: Wissenswertes zur grünen Architektur
Angesichts des fortschreitenden Klimawandels ist Nachhaltigkeit relevanter als je zuvor – und das nicht zuletzt in der Baubranche. Zahlreiche Bauherren sind daher bestrebt, das Bauvorhaben möglichst umweltfreundlich und ressourcenschonend zu gestalten. Mit sogenannten Green Buildings soll der Energieverbrauch gesenkt und die Ökobilanz verbessert werden. Das wirkt sich am Ende nicht nur auf die Umwelt positiv aus. Auch Sie als Immobilieneigentümer profitieren davon.
Was ist nachhaltiges Bauen?
Die Bundesregierung gibt an, dass im Jahr 2018 etwa 14 Prozent der Gesamtmenge an CO2 in Deutschland durch den Gebäudesektor verursacht wurden. Tatsächlich dürfte die Zahl noch weitaus höher sein, denn die Emissionen, die bei der Herstellung von Baumaterialien entstanden sind, bleiben in dieser Rechnung unberücksichtigt. Erfreulich ist allerdings, dass der Trend bereits in die richtige Richtung geht. Während 1990 noch 210 Millionen Tonnen an Treibhausgas im Gebäudesektor verursacht wurden, waren es 2018 nur noch 120 Millionen Tonnen. Um diese Zahl weiter zu verringern, setzt die Bundesregierung auf Klimaschutzprogramme und Fördermittel für energieeffizientes Bauen.
Während die Ziele der Regierung sich meist auf die Energieeffizienz von Gebäuden fokussieren, geht nachhaltige Architektur noch einen Schritt weiter. Zwar sollen auch hier Ressourcen geschont und der Energieverbrauch gesenkt werden, darüber hinaus spielen jedoch zahlreiche weitere Faktoren eine Rolle. So basiert nachhaltiges Bauen auf 3 Prämissen:
- Ökologische Qualität: Die ökologische Ebene zielt maßgeblich auf Energieeffizienz ab. So werden hier etwa ausgewählte, recyclebare Baumaterialien eingesetzt, um den Energiebedarf möglichst gering zu halten. Auch der Einsatz erneuerbarer Energien (etwa durch Photovoltaik- oder Biomasseanlagen) sowie die Reduzierung auf eine möglichst geringe, effizient genutzte Wohnfläche spielen hier eine Rolle.
- Ökonomische Qualität: Auf der ökonomischen Ebene werden die Kosten des Gebäudes betrachtet. Allerdings geht es hier nicht nur um die reinen Baukosten, sondern um die sogenannten Lebenszykluskosten. So kann ein grünes Gebäude im Bau durchaus mehr kosten als ein reguläres Haus, aber später durch sehr geringe Betriebskosten glänzen.
- Sozial-kulturelle Qualität: Bei der sozial-kulturellen Qualität steht der Mensch im Mittelpunkt. Hier geht es unter anderem um Wohlbefinden, Wohnkomfort und Raumklima. Auch immaterielle Werte wie Mobilität und Barrierefreiheit fließen hier mit ein.
Der Kernaspekt von grüner Architektur besteht immer darin, nicht nur den Zeitpunkt des Baus zu betrachten. Stattdessen werden alle Lebenszyklusphasen des Gebäudes mitgedacht, angefangen bei der Bauplanung über die eigentliche Nutzung bis hin zum Abriss. So werden beim Bau etwa ökologisch einwandfreie und schadstoffarme Materialien mit kurzem Transportweg gewählt. Diese sorgen einerseits für eine gute Ökobilanz beim Bau (ökologischer Aspekt). Andererseits senken sie die laufenden Betriebskosten, die später anfallen (ökonomischer Aspekt). Darüber hinaus zahlen sie langfristig auf die Gesundheit des Bewohners ein (sozial-kultureller Aspekt). Bei einem späteren Abriss können diese Materialien verhältnismäßig einfach recycled und wiederverwendet werden.
Nachhaltiges Bauen in der Praxis: Was zeichnet ein Green Building aus?
Ein Energieeffizienzhaus ist dadurch gekennzeichnet, dass es weniger Energie verbraucht als ein reguläres Gebäude. Bei grünen Gebäuden ist die Einordnung aufgrund des umfassenden Nachhaltigkeitsverständnisses deutlich schwieriger. So kommt es beim Energieeffizenzhaus beispielsweise nur auf die Effizienz der Wärmedämmung an, während bei nachhaltigen Gebäuden meist auch die Qualität der Dämmung eine Rolle spielt. Hier wird sich zusätzlich gefragt: Ist das Dämmmaterial ökologisch? Stammt es aus lokaler Produktion oder hat es einen langen Lieferweg hinter sich? Wie viel CO2 wurde bei der Produktion des Dämmmaterials verursacht? Wie einfach ist es zu entsorgen?
Es gibt einige Merkmale, die Green Buildings besonders auszeichnen:
- Hohe Energieeffizienz: Eine hervorragende Wärmedämmung sorgt für eine niedrige Energieeffizienz. Idealerweise wurde auf ökologische, nachwachsende Dämmmaterialien wie Schafwolle, Kork oder Flachs zurückgegriffen.
- Einsatz erneuerbarer Energien: Das Gebäude versorgt sich möglichst eigenständig mit Energie, die durch erneuerbare Energiequellen gewonnen wird. Hierzu zählen etwa Photovoltaikanlagen, Biomasseanlagen und Wärmepumpen.
- Einsatz ressourcenschonender Baustoffe: Beim Bau wurde auf ressourcenschonende, möglichst nachwachsende Baustoffe aus der Region zurückgegriffen. So könnte statt Beton etwa Holz zum Einsatz gekommen sein. Auch Stroh, Lehm, Schiefer und Ziegel werden gern genutzt.
- Verzicht auf schadstoffreiche Baustoffe: Auf schadstoffreiche Baustoffe wie Formaldehyd oder Aceton wird verzichtet. Das gilt beim Bau genauso wie bei der Einrichtung und beim Mobiliar.
- Lange Nutzungsdauer durch hohe Flexibilität: Architekten setzen bei grünen Häusern häufig auf modulare Bauweisen. Dies hat gleich 2 Vorteile: Sie als Bauherr können das Gebäude flexibler nutzen. Steht etwa Familienzuwachs an und benötigen Sie ein weiteres Zimmer, wurde diese Möglichkeit beim Bau schon mitgedacht. Darüber hinaus sorgt die modulare Bauweise dafür, dass einzelne Bauteile bei Bedarf einfacher ersetzt werden können, was wiederum Ressourcen schont.
- Flächensparendes Bauen: Jeder Quadratmeter Wohnraum sorgt dafür, dass Boden zerstört wird und dass Lebensräume für die Pflanzen- und Tierwelt fehlen. Daher gehört es auch zum nachhaltigen Bauen, nur so viel Fläche zu beanspruchen, wie wirklich nötig ist, und diese effizient zu nutzen.
- Immobilie im Einklang mit der Natur: Gehört ein Garten zur Immobilie, soll dieser möglichst naturnah gestaltet sein. So bietet sich etwa Naturstein als Bodenbelag für Zuwege an. Auch bienenfreundliche Pflanzen oder Nutzgärten kommen beim nachhaltigen Bauen häufig zum Einsatz.
- Weitere nachhaltige Maßnahmen: Nachhaltiger geht immer – auch bei grünen Gebäuden. So zählen neben den klassischen Aspekten wie dem Einsatz nachwachsender Baustoffe noch zahlreiche weitere Maßnahmen zu den Eigenschaften von grünen Gebäuden. Dazu gehören etwa Regenauffangsysteme oder viel natürliches Tageslicht, das den Wohnkomfort erhöht.
Green Building Zertifizierung: Wer zertifiziert grüne Gebäude?
Wenn Sie Ihren Neubau oder eine sanierte Bestandsimmobilie als grünes Gebäude zertifizieren lassen wollen, dann haben Sie mehrere Anlaufstellen zur Auswahl. Zu den wichtigsten zählen diese:
- BNK: Anhand von 19 Kriterien beurteilt das Bundesumweltministerium im Rahmen des Bewertungssystems Nachhaltiger Kleinwohnhausbau Green Buildings.
- DGNB: Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen setzt auf 40 Kriterien und vergibt anhand der Beurteilungen Platin-, Gold-, Silber- und Bronze-Zertifikate.
- LEED: LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) hat sich vor allem im US-amerikanischen Raum durchgesetzt, ist aber auch in Deutschland auf dem Vormarsch. Ihre Immobilie kann hier bis zu 100 Punkte erreichen und so am Ende ebenfalls mit einer Platin-, Gold-, Silber- oder der einfachen LEED-Zertifizierung ausgezeichnet werden.
Wenn Sie ein Gebäude als Energieeffizienzhaus zertifizieren lassen, dann können Sie dadurch im besten Fall eine attraktive KfW-Förderung für Ihr Bauvorhaben bekommen. Zwar können Sie auch bei Green Buildings die gängigen KfW-Förderungen beantragen, doch die spezielle Zertifizierung als Green Building benötigen Sie hierfür nicht. Stattdessen dient diese häufig eher dazu, die Wertstabilität des Hauses zu unterstreichen und dieses gewinnbringend zu verkaufen oder zu vermieten. Auch viele Unternehmen lassen ihren Sitz als Green Building zertifizieren, um ihren Nachhaltigkeitsanspruch stärker nach außen zu tragen.
Was kostet nachhaltiges Bauen?
Wenn Sie im Supermarkt zu regionalen Produkten aus zertifiziert-biologischem Anbau greifen, dann müssen Sie dafür in der Regel mehr zahlen als für Vergleichsprodukte ohne die jeweiligen Siegel. Ganz ähnlich verhält es sich beim ökologischen Hausbau: Auch hier liegen die Baukosten vor allem aufgrund der ausgewählten Baumaterialien in der Regel höher als bei regulären Häusern.
Bedenken sollten Sie allerdings, dass es beim nachhaltigen Bau immer um den gesamten Lebenszyklus geht: Sie profitieren damit später von niedrigeren Energiekosten, was sich über die Jahre auszahlen kann. Darüber hinaus ist absehbar, dass die Regierung immer strengere Anforderungen an Nachhaltigkeit und Umweltschutz stellen wird: Ist Ihr Haus jetzt schon ökologisch einwandfrei, müssen Sie später im besten Fall nicht teuer nachbessern.
Fazit: Nachhaltige Architektur als Bauweise der Zukunft
Wenn Green Buildings zertifiziert werden, dann wird dabei immer auf zahlreiche verschiedene Aspekte geachtet. Dies beginnt bei der Ökobilanz verwendeter Baumaterialien und endet bei zusätzlichen Maßnahmen wie Regenauffangsystemen oder Ladestationen für E-Autos. Doch setzen Sie sich nicht zu sehr unter Druck: Keine Maßnahmen helfen häufig schon, den Energieverbrauch zu senken und die Umwelt zu schonen. Entscheiden Sie selbst, welche Aspekte Ihnen besonders wichtig sind und wo Sie aktuell keinen dringenden Bedarf sehen. Nachbesserungen sind immer möglich. Wenn Sie das Thema Nachhaltigkeit beim Bau mitdenken, dann ist dies bereits ein großer Schritt in die richtige Richtung und Sie profitieren am Ende von einer energieeffizienten, ressourcenschonenden und wertstabilen Immobilie.
Bildnachweis: Aleksei Kochev / Shutterstock.com