Gesamtschuldnerische Haftung und Schuldhaftentlassung: Ablauf und Kosten

Ein Richterhammer und Geldscheine, was ist die Gesamtschuldnerische Haftung?

Wenn mehrere Kreditnehmer ein Immobiliendarlehen aufnehmen, dann haften sie meist gesamtschuldnerisch. Vereinfacht gesagt: Jeder einzelne Kreditnehmer ist für die Gesamtsumme haftbar. Zwar ist ein Kredit eine langfristige Verpflichtung, doch kommt es durchaus vor, dass ein Kreditnehmer aus dem Vertrag aussteigen will. Die sogenannte Schuldhaftentlassung macht dies möglich. Wann dies sinnvoll ist und wie der Ablauf dabei ist, erfahren Sie hier.

Gesamtschuldnerische Haftung bei Immobilienkrediten: Was ist das?

Von einer gesamtschuldnerischen Haftung ist immer dann die Rede, wenn mehrere Kreditnehmer gemeinsam einen Kreditvertrag unterzeichnen und wenn sie gleichermaßen für die Gesamtsumme haften. Das bedeutet: Ist einer der Kreditnehmer zahlungsunfähig, kann sich die Bank an den anderen wenden und die ausstehende Forderung in voller Höhe von ihm einfordern.

Zwar ergibt sich für den zahlenden Kreditnehmer daraufhin im Innenverhältnis ein Regressanspruch gegenüber dem anderen, doch ist der Erfolg fraglich. Kann ein Kreditpartner schlicht nicht zahlen – etwa aufgrund einer Insolvenz oder drastisch veränderter Lebensumstände –, dann kann der zahlende Kreditnehmer nur hoffen, dass sich der andere zeitnah finanziell von den Rückschlägen erholt und irgendwann zumindest einen Teil seiner Schulden begleicht. Ist einer der Kreditnehmer zwar zahlungsfähig, aber nicht (mehr) zahlungswillig, dann bleibt oft nur der Gang vor Gericht.

Bei Immobilienkrediten setzen Banken die Gesamtschuldnerhaft bei mehreren Kreditnehmern in der Regel voraus. Dabei handelt es sich meist um verheiratete Paare oder um Paare in einer eheähnlichen Gemeinschaft. Aber auch wenn Sie etwa zusammen mit Ihrem Bruder oder Ihrer Mutter eine Immobilie kaufen, besteht die Bank auf die gesamtschuldnerische Haftung. Der Grund dafür ist einfach: Mehrere Gesamtschuldner mindern das Ausfallrisiko für die Bank enorm. Fällt etwa das Einkommen des einen Kreditnehmers weg, kann die Bank vom anderen die gesamte Kreditrate fordern.

Schuldhaftentlassung: Was passiert, wenn ein Kreditnehmer aus dem Vertrag will?

Zur Schuldhaftentlassung kommt es immer dann, wenn ein Kreditnehmer vorzeitig aus einem Kreditvertrag will und dieser von jemand anderem fortgeführt werden soll. Bei Baufinanzierungen geschieht dies in der Regel aus einem der folgenden Gründe:

  • Eine noch nicht abbezahlte Immobilie soll verkauft werden und der Käufer will in den bestehenden Kreditvertrag eintreten. Das kann etwa dann sinnvoll sein, wenn die Kreditzinsen bei Abschluss des Vertrags besonders attraktiv waren.
  • Ein Paar hat einen Immobilienkredit für die gemeinsame Immobilie aufgenommen. Aufgrund von Scheidung oder Trennung will ein Partner aus dem Vertrag aussteigen, der andere will ihn fortführen und damit auch die Immobilie behalten.

Die rechtliche Grundlage für die Schuldhaftentlassung findet sich in Paragraf 426 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Demnach geht das Ganze nur, wenn alle Kreditnehmer sowie der Kreditgeber dem Vorhaben zustimmen. Für Sie bedeutet das: Wollen Sie von der Schuldhaftentlassung Gebrauch machen, dann sind Sie auf das Wohlwollen Ihrer Bank angewiesen. Hat die Bank den Kredit ursprünglich mit 2 Gesamtschuldnern geschlossen und soll nun einer alleine das Darlehen weiterführen, dann bedeutet das für die Bank ein erhöhtes Ausfallrisiko. Entsprechend ist die Bank nicht dazu verpflichtet, sich auf die Schuldhaftentlassung einzulassen.

Wie läuft die Schuldhaftentlassung ab?

Wenn Sie einen Schuldnerwechsel anstreben, dann müssen Sie zunächst bei der kreditgebenden Bank vorstellig werden. Sind Sie derjenige, der den Kredit alleine weiterführen will, dann wird die Bank aller Wahrscheinlichkeit nach auf eine erneute Bonitätsprüfung bestehen. Bereiten Sie hierfür die folgenden Unterlagen vor:

  • Gehaltsnachweise (z. B. Einkommensteuererklärung oder die letzten 3 Lohnzettel)
  • SCHUFA-Auskunft
  • Selbstauskunft

Nur wenn die Bank sich sicher sein kann, dass Sie das Darlehen auch wirklich alleine stemmen können, besteht die Chance auf eine Schuldhaftentlassung. Auch die Höhe der Restschuld spielt eine Rolle für die Bank. Bleibt nur noch eine geringe Restschuld, stehen Ihre Chancen auf den Schuldnerwechsel besser. Haben Sie den Kredit hingegen gerade erst aufgenommen und kaum etwas getilgt, könnte die Bank sich querstellen.

Stimmt die Bank dem Vorhaben zu, wird der andere Kreditnehmer aus dem Kreditvertrag entlassen. Die gesamtschuldnerische Haftung ist aufgehoben. Steht er auch im Grundbuch, muss im Anschluss eine Änderung des Eintrags erfolgen.

Kosten: Was kostet eine Schuldhaftentlassung?

Die Schuldhaftentlassung kann unter Umständen hohe Kosten mit sich bringen:

  • Höhere Zinsen: Der Wegfall eines Gesamtschuldners stellt für die Bank ein erhöhtes Risiko dar. Dieses lässt sie sich mit höheren Zinsen bezahlen. Sie müssen also entsprechend auch mit einer höheren Kreditrate rechnen, wenn Sie das bestehende Darlehen fortführen wollen.
  • Grundbuch- und Notarkosten: Vor allem wenn es zu einer Schuldhaftentlassung bei Trennung kommt, muss in der Regel auch das Grundbuch aktualisiert werden. Soll einer der Partner den Immobilienkredit alleine weiterführen, will er zumeist auch als alleiniger Eigentümer im Grundbuch stehen. Die genaue Kostenhöhe hängt vom Wert der Immobilie ab. Sie sollten hierfür mit einigen Hundert Euro rechnen.

Die höheren Zinsen sind infolge der Schuldhaftentlassung von demjenigen Kreditnehmer zu zahlen, der den Kredit weiterführen will. Wer für die Änderung des Grundbucheintrags aufkommen muss, ist nicht eindeutig definiert. Hier müssen die Kreditnehmer selbst eine Lösung finden. Ist dies nicht möglich, muss die Kostenaufteilung im Rahmen des Scheidungsprozesses vom zuständigen Gericht bestimmt werden.

Bank lehnt Schuldhaftentlassung ab: Was jetzt?

Wenn die Bank Ihren Antrag auf Schuldhaftentlassung abgelehnt hat, dann bleiben Ihnen einige Alternativen:

  • Kredit gemeinsam weiterführen: Bürokratisch am einfachsten ist es, den bestehenden Kredit und die gesamtschuldnerische Haftung weiterzuführen. Im Alltag gestaltet sich das jedoch nicht gerade einfach – vor allem wenn die Fronten nach einer Trennung verhärtet sind. Diese Option ist dann empfehlenswert, wenn Sie und Ihr Ex-Partner sich noch gut verstehen und wenn die Dauer bis zum Ablauf der Zinsbindung überschaubar ist. Ist dieser Tag gekommen, kann einer der Partner den Kredit auf sich umschulden. Alternativ können Sie die Immobilie gemeinsam verkaufen und die Restschuld aus dem Verkaufserlös tilgen.
  • Umschuldung mit Vorfälligkeitsentschädigung: Will einer der Kreditnehmer in der Immobilie bleiben und den Kredit alleine weiterführen, bleibt auch eine sofortige Umschuldung. Allerdings wird die Bank hierfür in aller Regel eine hohe Vorfälligkeitsentschädigung für die vorzeitige Ablösung des Kredits verlangen.
  • Verkauf der Immobilie und vorzeitige Rückzahlung des Darlehens: Auch wenn die Zinsbindung noch nicht abgelaufen ist, können Sie Ihre gemeinsame Immobilie verkaufen und die verbleibende Restschuld aus dem Verkaufserlös tilgen. Bedenken Sie allerdings, dass auch in diesem Fall eine Vorfälligkeitsentschädigung anfällt.

Verhängt die Bank für die vorzeitige Tilgung des Kredits eine Vorfälligkeitsentschädigung, so müssen die Kreditnehmer unter sich klären, wer diese übernimmt. Fälle, in denen keine Einigung gefunden werden kann, landen leider häufig vor Gericht.

Gut zu wissen
Nach Ablauf von 10 Jahren steht Ihnen ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht zu. Sie können Ihr Darlehen dann kündigen, auch wenn die eigentliche Zinsbindungsfrist noch nicht verstrichen ist. Eine Vorfälligkeitsentschädigung darf die Bank in diesem Fall nicht verlangen.

Fazit: Gesamtschuldnerische Haftung will gut überlegt sein

Wenn Sie mit einer anderen Person gemeinsam einen Kredit aufnehmen, dann hat dies zunächst durchaus Vorteile. Mehrere Kreditnehmer bedeuten für die Bank ein niedrigeres Risiko, was diese wiederum mit günstigeren Zinsen belohnt. Auch kann gemeinsam in der Regel eine höhere Darlehenssumme erzielt werden. Allerdings: Kommt es zu einer Scheidung oder Trennung und will einer der Ex-Partner aus dem Kreditvertrag aussteigen, ist dies nur möglich, wenn die Bank der dafür notwendigen Schuldhaftentlassung zustimmt. Dazu ist die Bank allerdings nicht verpflichtet. Lehnt sie ab, bleibt häufig nur die vorzeitige Tilgung des Kredits, wofür wiederum eine hohe Vorfälligkeitsentschädigung verhängt wird. Alternativ können Sie in den sauren Apfel beißen und den Kredit gemeinsam bis zum Ablauf der Zinsbindung weiterführen.

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