Vorfälligkeitsentschädigung – was ist das und wann kommt sie zum Einsatz?
Bei einer Baufinanzierung sind längere Zinsfestschreibungen üblich. Gerade in Zeiten niedriger Kapitalmarktzinsen entscheiden sich Darlehensnehmer für eine lange Sollzinsbindung. Wer jedoch früher aus der Finanzierung aussteigen möchte und den Kredit kündigt, muss damit rechnen, eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen. Im Folgenden erfahren Sie, aus welchen Gründen Sie Ihr Darlehen vorzeitig zurückzahlen können, wie hoch die Entschädigung ausfällt und ob Sie die zusätzlichen Kosten umgehen können.
Was ist eine Vorfälligkeitsentschädigung und warum fällt sie an?
Bei Vertragsabschluss für Ihre Hausfinanzierung entscheiden Sie sich für eine bestimmte Zinsbindungsfrist. Die Bank geht davon aus, dass Sie Ihren Kredit wie vereinbart zurückzahlen, und hat den Kreditbetrag entsprechend refinanziert. Das bedeutet, sie hat sich selbst Geld bei anderen Stellen geliehen. Kündigen Sie die Finanzierung nun früher, entsteht der Bank ein Refinanzierungsschaden: Von Ihnen erhält der Kreditgeber keine Zinszahlungen mehr, muss aber selbst weiterhin Zinsen für die Refinanzierung zahlen. Sind die Kapitalmarktzinsen seit der Kreditvergabe gesunken, kann die Bank die vorzeitig zurückgezahlte Summe nicht zu den gleichen Konditionen anlegen – für den Kreditgeber wird die vorzeitige Ablösung also zum Verlustgeschäft. Laut Paragraf 502 Bürgerliches Gesetzbuch darf die Bank Ihnen den Zinsverlust in Rechnung stellen.
Neben dem Refinanzierungsschaden entsteht ein Margenschaden: Der Bank entgeht der Gewinn, den sie bei vertragsgemäßer Rückzahlung erzielt hätte. Sie leiht sich selbst Geld, um Ihnen den Kredit bereitzustellen. Dabei verlangt das Kreditinstitut von Ihnen einen höheren Zinssatz, als es selbst zahlen muss – das ist der Gewinn, den die Bank mit der Kreditvergabe macht. Zahlen Sie nun vorzeitig zurück, entgehen dem Kreditgeber diese Einnahmen.
Wann fällt die Vorfälligkeitsentschädigung an?
Die Entschädigung fällt an, wenn der Kreditnehmer ein Darlehen mit einem festen Zinssatz vorzeitig an die Bank zurückzahlt. Handelt es sich um einen variablen Kredit, darf die Bank dem Kreditnehmer keinen Schaden in Rechnung stellen.
Wann muss die Bank eine vorzeitige Darlehensrückzahlung akzeptieren?
Der Kreditgeber ist verpflichtet, die vorzeitige Rückzahlung des Darlehens hinzunehmen, wenn einer der folgenden Fälle vorliegt:
- Die belastete Immobilie wird verkauft, zusätzlich muss das Darlehen abgelöst werden.
- Die Bank hat eine Kreditaufstockung abgelehnt, daher erfolgt nun eine Umschuldung zu einem anderen Kreditinstitut.
Wer eine Ablösung aus anderen Gründen plant – etwa weil er zu einem günstigeren Zinssatz finanzieren möchte –, sollte mit der Bank reden. Grundsätzlich müssen die Kreditgeber die vorzeitige Rückzahlung nicht akzeptieren, hier sind Sie also auf eine kulante Regelung angewiesen. Unabhängig davon ist die Bank in allen Fällen berechtigt, die Vorfälligkeitsentschädigung zu verlangen.
Wie hoch ist die Vorfälligkeitsentschädigung?
Die Vorfälligkeitsentschädigung, auch Vorfälligkeitszinsen genannt, ist eine Art Schadensersatz und besteht aus dem Refinanzierungsschaden und dem Margenschaden. Dazu kommen in der Regel eine Bearbeitungsgebühr und Verwaltungskosten. Eventuelle Risikokosten, die bei Vertragsabschluss in die Zinskalkulation eingeflossen sind, müssen Banken gegenrechnen und von der ermittelten Entschädigung abziehen.
Verschiedene Faktoren haben Einfluss auf die Höhe der Entschädigung:
- Restlaufzeit des Kredits
- Vereinbarter Zinssatz
- Aktuelle Kapitalmarktzinsen
Mit der Aktiv-Aktiv- und der Aktiv-Passiv-Methode gibt es 2 Möglichkeiten, wie die Kreditinstitute den Schaden berechnen.
Bei der Aktiv-Aktiv-Variante gehen die Banken davon aus, dass der vorzeitig zurückgezahlte Kreditbetrag anderen Kunden als Darlehen gewährt werden kann. Sind die Zinsen seit Vertragsabschluss jedoch gesunken, entsteht durch die Zinsdifferenz ein Verlust, der erstattet werden muss.
Häufiger setzen Banken auf die Aktiv-Passiv-Methode. Der Kreditgeber geht von einer Anlage des Rückzahlungsbetrages auf dem Kapitalmarkt aus. Die Bank verrechnet also diese Rendite mit dem Gewinn, den sie bei korrekter Rückzahlung des Darlehens erhalten hätte. Die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung ergibt sich aus dem entstehenden Verlust.
Gibt es Möglichkeiten, die Vorfälligkeitsentschädigung zu umgehen?
Es gibt verschiedene Ausnahmen, bei denen keine Entschädigung zu zahlen ist:
- Der Käufer steigt in den bestehenden Darlehensvertrag ein, wenn Sie die Immobilie verkaufen. Wichtig ist, dass der Käufer eine ausreichende Bonität nachweist und die Bank den neuen Kreditnehmer akzeptiert.
- Sie verkaufen die belastete Immobilie und erwerben mit dem Erlös ein neues Haus oder eine neue Wohnung. Das Darlehen bleibt weiter bestehen und Sie tauschen die Sicherheit aus. Entscheidend ist, dass der Wert der neuen Immobilie als Kreditsicherung ausreicht.
- Einvernehmliche Auflösung des Darlehensvertrages in Absprache mit dem Kreditgeber. Haben Sie erneut Kreditbedarf, verhandeln Sie mit der Bank über ein neues Darlehen, mit dem Sie den alten Kredit ablösen. Aus Kulanz verzichtet der Kreditgeber auf die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung.
Fazit: Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Kreditablösung berücksichtigen
Bei einer Baufinanzierung geht es um hohe Summen. Abhängig von den genauen Eckdaten des Darlehens beträgt die Vorfälligkeitsentschädigung bei einer vorzeitigen Kreditrückzahlung mehrere Tausend oder Zehntausende Euro. Überlegen Sie daher, ob es sich tatsächlich lohnt, den Kredit vor Laufzeitende zurückzuzahlen, und prüfen Sie mögliche Alternativen. Gibt es keine andere Option, als die vorzeitige Darlehensrückzahlung, empfiehlt sich eine genaue Prüfung der Berechnung.
Eine gute Idee ist es, bereits bei Vertragsabschluss an eine vorzeitige Rückzahlung zu denken. So können Sie beispielsweise durch die Vereinbarung von Sondertilgungen die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung reduzieren.
Bildnachweis: angellodeco / Shutterstock.com