Energiesprong – die serielle Gebäudesanierung der Zukunft?

Die Idee stammt aus den Niederlanden: Schnelle, kostengünstige und energieeffiziente Sanierung von Immobilien mit dem Energiesprong-Prinzip. Im folgenden Ratgeber erfahren Sie, was unter Energiesprong zu verstehen ist, worum es beim NetZero-Standard geht und welche Vor- und Nachteile diese Methode bietet.

Ein Haus wird saniert, was ist das Energiesprong-Konzept?

Was ist das Energiesprong-Prinzip?

Energiesprong ist niederländisch und bedeutet übersetzt „Energiesprung“. Dahinter steckt die Idee, Gebäude nicht in vielen Einzelschritten energieeffizient zu sanieren, sondern mit einer automatisierten, seriellen Lösung und dem Einsatz regenerativer Energien den NetZero-Standard zu erreichen. Kurze Sanierungszeiten und eine innovative Finanzierung sollen für eine schnelle Umsetzung sorgen und die Bewohner möglichst wenig belasten.

Nach Abschluss der Arbeiten soll die im Gebäude verbaute Technik im Jahr so viel Energie erzeugen, wie für die Heizung, Warmwasser oder den Betrieb elektrischer Geräte benötigt wird.

Seit der Entwicklung im Jahr 2013 wurden zahlreiche Gebäude in den Niederlanden seriell saniert. Auch andere europäische Länder verfolgen diesen Ansatz, um mit einfachen und wirtschaftlichen Möglichkeiten zu sanieren und die Klimaschutzziele zu erreichen. In Deutschland kümmert sich die Deutsche Energie-Agentur (dena) um die Anpassung des Konzepts an deutsche Vorschriften.

Folgende Aspekte stehen beim Energiesprong im Fokus:

  • Hohe Qualität der verwendeten Materialien soll langfristige Funktionsfähigkeit gewährleisten.
  • Durch die Verwendung vorgefertigter Module (z. B. für Fassade, Dach oder Haustechnik) wird die Bauzeit und damit die Beeinträchtigung für Bewohner reduziert.
  • Die Maßnahmen bieten nach Fertigstellung einen hohen Wohnkomfort, da trotz vorgefertigter Module individuelle Anpassungen möglich sind.
  • Durch die Optimierung sinken die Fertigungskosten.
  • Mieter und Vermieter profitieren von Einsparungen bei den Energiekosten.

Was ist serielles Sanieren?

Zur Erreichung der Klimaschutzziele ist eine umfassende energetische Sanierung des Gebäudebestands bis zum Jahr 2050 erforderlich. Beim seriellen Sanieren wird der gesamte Bauprozess digitalisiert und industrialisiert. Vor Beginn des Vorhabens ist ein 3-D-Scan üblich, auf dessen Grundlage Bauteile passgenau produziert werden können.

Gerade für Wohnungsunternehmen mit Mehrfamilienhäusern aus den 50er-, 60er- und 70er-Jahren bietet das serielle Sanieren Vorteile: Bei den Maßnahmen kommen Bauteile, die abseits der Baustelle vorgefertigt wurden, zum Einsatz. Damit reduziert sich der Aufwand bei den Arbeiten direkt am Gebäude deutlich. So werden beispielsweise vorgefertigte Fassadenteile angebracht und die Häuser mit Solarzellen ausgestattet.

Gut zu wissen: Der Bund stellt über die KfW und das BAFA Förderungen für serielle Sanierungen nach dem Energiesprong-Prinzip bereit. Dabei gibt es verschiedene Module sowohl für Durchführbarkeitsstudien als auch für Pilotprojekte und den Aufbau von Produktkapazitäten für die serielle Fertigung von Komponenten. Zudem stehen Tilgungszuschüsse für Sanierungen zum KfW-Effizienzhaus zur Verfügung.

Was ist der NetZero-Standard?

Erfüllt eine Maßnahme den NetZero-Standard, werden damit Netto-Null-Emissionen erreicht. Bezogen auf das Energiesprong-Prinzip heißt das, es wird das Ziel verfolgt, Gebäude zu fertigen, die nach der Sanierung genau so viel Energie produzieren, wie die Bewohner für Heizung, Warmwasser und den Betrieb elektrische Geräte benötigen. Die Kaltmiete wird entsprechend der Einsparungen angepasst, die durch die reduzierten Energiekosten erzielen werden. Auf diese Weise können die Mehrkosten, die durch die energieeffiziente Sanierung entstehen, bewältigt werden. Langfristig sollen die Sanierungen warmmietenneutral umgesetzt werden – für den Mieter ändert sich auf der Ausgabenseite also nichts.

Was sind die Vor- und Nachteile des Energiesprong-Prinzips?

Das serielle energetische Sanieren bietet verschiedene Vorteile:

Durch die effiziente Vorbereitung der Maßnahmen sinkt die Arbeitszeit und mehrere Häuser lassen sich in kurzer Zeit sanieren.
Für die Durchführung der Arbeiten sind weniger Fachkräfte notwendig, was gerade im Hinblick auf den Fachkräftemangel positiv zu bewerten ist.
Mit dem Energiesprong-Prinzip wird ein wichtiger Beitrag zum Erreichen der Klimaziele geleistet.

Aktuell gibt es auch einige Nachteile:

In verschiedenen Ländern wie den Niederlanden, Kanada und Schweden wurden Energiesprong-Projekte bereits vielfach umgesetzt. In Deutschland steht Energiesprong dagegen ganz am Anfang, daher sind die Kosten für die Vorhaben momentan noch hoch.
Kritiker bemängeln, dass der Energiesprong-Standard Ähnlichkeiten mit den DDR-Plattenbauten oder den 70er-Jahre Bauten der Bundesrepublik aufweist. Bedenken, dass serielle Sanierungen zu schlicht oder unästhetisch aussehen, sind inzwischen jedoch ausgeräumt vielfach worden, da gerade im Bereich der Fassadentechnik individuell gestaltete Bauteile zum Einsatz kommen.
Für Sanierungen ist das Energiesprong-Prinzip gut geeignet. Geht es um Neubauten in modularer Bauweise, ist das Platzangebot in Städten jedoch eher beschränkt.

Wie hoch sind die Kosten bei der Umsetzung des NetZero-Standards?

Aktuell sind die Kosten für die Umsetzung des Energiesprong-Prinzips in Deutschland noch hoch, da bisher nur wenige Projekte realisiert wurden. Die dena treibt jedoch die Marktentwicklung mit dem Ziel voran, den Mehrfamilienhausbestand bezahlbar zu sanieren. Einer Meldung der dena zufolge unterstützten bereits zahlreiche Wohnungsunternehmen und Bau- und Zuliefervorhaben das Projekt, sodass perspektivisch von einer tragbaren Kostensituation auszugehen ist.

Für wen ist Energiesprong geeignet?

Ideal ist Energiesprong für alle Vermieter mit einem Bestand von Mehrfamilienhäusern aus den 50er-, 60er- und 70er-Jahren, wobei vor allem kleinere Gebäude gut geeignet sind. Das gilt vor allem, wenn die Immobilie einen hohen Energieverbrauch von mehr als 130 kWh pro Quadratmeter jährlich hat.

Fazit: Energiesprong zum Erreichen der Klimaziele ideal

Zum Erreichen der Klimaziele ist eine Reduzierung der CO2-Emissionen von Gebäuden unerlässlich. Für neue Immobilien gibt es inzwischen Mindeststandards zu erfüllen, bei älteren Gebäuden besteht Verbesserungsbedarf. Genau hier setzt das Energiesprong-Konzept an. Durch die industrielle Vorfertigung verschiedener Bauelemente und die Optimierung der Vorhaben werden Gebäude effizient und schnell saniert. Deutlich weniger Planungsaufwand und Fachkräfte sind erforderlich, daher sinken die Kosten auf lange Sicht. In Hameln wurden bereits Gebäudeteile aus den 30er-Jahren auf den NetZero-Standard gebracht. Das Pilotprojekt gilt jetzt als Vorbild für weitere Vorhaben in Deutschland, denn derzeit steht Energiesprong hierzulande noch am Anfang. Insgesamt bietet die Energiesprong-Idee ausgezeichnetes Potenzial für die Wärmewende. Entscheidend ist, dass die Politik entsprechende Rahmenbedingungen schafft und die serielle Sanierung sich für Eigentümer rechnet.

Bildnachweis: PIXEL to the PEOPLE / Shutterstock.com

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