Beleihungswert, Beleihungsgrenze, Beleihungsauslauf: Fachbegriffe einfach erklärt
Wer sich erstmalig nach einem Immobilienkredit umsieht, der wird schnell auf die Begriffe Beleihungswert und Beleihungsgrenze stoßen. Diese beiden Richtwerte dienen Banken dazu, das eigene Risiko einer Immobilienkreditvergabe zu begrenzen. So decken klassische Immobilienfinanzierungen nie den eigentlichen Kaufpreis der Immobilie, sondern immer nur einen bestimmten Prozentsatz davon ab.
Was ist der Beleihungswert?
Der Verkehrswert einer Immobilie stellt lediglich eine Momentaufnahme dar: Der Wert eines Gebäudes hängt immer vom aktuellen Marktgeschehen ab. Für die Bank ist das nachteilig, denn die Immobilie selbst dient bei der klassischen Baufinanzierung als Sicherheit. Sollten Sie als Kreditnehmer Ihre Raten nicht mehr zahlen können und muss bei schlechten Marktverhältnissen eine Zwangsversteigerung eingeleitet werden, kann dies ein Verlustgeschäft für die Bank bedeuten.
Dieses Risiko wird durch den sogenannten Beleihungswert gedeckelt. Diese Kennzahl bildet den Wert ab, den die Bank realistisch gerechnet langfristig mit der Immobilie erzielen kann. Er basiert rein auf Substanz und Lage der Immobilie und bezieht das aktuelle Marktgeschehen nicht mit ein.
Gemäß Paragraf 16 Pfandbriefgesetz (PfandBG) muss der Beleihungswert immer unter dem Verkehrswert der jeweiligen Immobilie liegen. Meist beträgt der Beleihungswert etwa 70 bis 90 Prozent des Kaufpreises oder der Baukosten. Wie groß die Differenz in der Realität ausfällt, ist jedoch von Bank zu Bank unterschiedlich. Jedes Kreditinstitut darf den veranschlagten Sicherheitspuffer frei wählen.
Die folgende Tabelle veranschaulicht, wie Banken den Beleihungswert berechnen:
Verkehrswert eines Einfamilienhauses | 450.000 Euro |
Sicherheitspuffer der Bank | 15 % |
Beleihungswert (Verkehrswert abzgl. Sicherheitspuffer) | 382.500 Euro |
Was ist die Beleihungsgrenze?
Die Beleihungsgrenze basiert auf dem Beleihungswert. Hier wird – je nach Art des Kreditinstituts – noch ein weiterer Sicherheitspuffer von 20 bis 60 Prozent abgezogen. Dies soll die Bank vor Risiken wie Wertminderung schützen. Die Beleihungsgrenze ist für Sie als Kreditnehmer besonders wichtig, denn die Bank wird Ihnen nur bis zu dieser Schwelle ein Immobiliendarlehen gewähren.
Um dies zu veranschaulichen, muss die obige Tabelle um einige weitere Zeilen ergänzt werden:
Verkehrswert eines Einfamilienhauses | 450.000 Euro |
Erster Sicherheitspuffer | 15 % |
Beleihungswert (Verkehrswert abzgl. des ersten Sicherheitspuffers) | 382.500 Euro |
Zweiter Sicherheitspuffer | 30 % |
Beleihungsgrenze von 70 % (Beleihungswert abzgl. des zweiten Sicherheitspuffers) | 267.400 Euro |
In Worten ausgedrückt: Bei den veranschlagten Sicherheitsabschlägen würde Ihnen die Bank zur Finanzierung eines Einfamilienhauses im Wert von 450.000 Euro einen maximalen Kreditbetrag in Höhe von 267.400 Euro gewähren. Den Rest müssten Sie mithilfe von Eigenkapital stemmen.
Wie beim Beleihungswert gilt auch hier: Wie groß der Sicherheitsabschlag ausfällt, ist der jeweiligen Bank überlassen. Lediglich Banken mit Pfandbriefprivileg – sogenannte Pfandbrief- oder Hypothekenbanken – müssen sich an gesetzliche Rahmenbedingungen halten. Hier gilt, dass die Beleihungsgrenze maximal 60 Prozent betragen darf. Reguläre Geschäftsbanken, Sparkassen, Volksbanken und Bausparkassen gewähren bei guten Rahmenbedingungen auch Beleihungsgrenzen von bis zu 80 Prozent.
Was ist der Beleihungsauslauf?
Der Beleihungsauslauf bildet das prozentuale Verhältnis zwischen dem Darlehensbetrag, dem Beleihungswert und dem eingebrachten Eigenkapital ab. Den Beleihungsauslauf können Sie mithilfe der folgenden Formel berechnen:
Beleihungsauslauf = Kreditsumme x 100 / Beleihungswert
Die Kreditsumme berechnet sich dabei als Kaufpreis abzüglich Ihres Eigenkapitals.
Angenommen, der Kaufpreis entspricht dem oben genannten Verkehrswert von 450.000 Euro und Ihr Eigenkapital beträgt 200.000 Euro, dann benötigen Sie ein Darlehen in Höhe von 250.000 Euro. Die Bank ist bereit, Ihnen diese Summe zu leihen, denn sie liegt unter der Beleihungsgrenze von 267.400 Euro.
Der Beleihungsauslauf beträgt (250.000 Euro x 100 / 382.500 Euro =) 65,35 Prozent. Anhand dieser Kennzahl bestimmt die Bank Ihren individuellen Sollzinssatz. Dabei gilt: je höher der Beleihungsauslauf, desto höher der Zinssatz und desto teurer das Darlehen. Grund: Je höher der Beleihungsauslauf, desto mehr Fremdkapital benötigen Sie im Verhältnis zum Beleihungswert der Immobilie und desto höher ist somit das Risiko der Bank. Bei Baufinanzierungen sollten Sie immer versuchen, einen Beleihungsauslauf von unter 60 Prozent anzustreben, denn hier profitieren Sie von besonders günstigen Kreditkonditionen. Liegt der Beleihungsauslauf bei über 60 Prozent, geht die Bank mit dem Darlehen wie beschrieben ein erhöhtes Risiko ein. Dies lässt sie sich in Form von Zinsaufschlägen teuer bezahlen.
FAQ: Die häufigsten Fragen und Antworten zu Beleihungswert, Beleihungsgrenze und Beleihungsauslauf
Ich habe nicht genug Eigenkapital: Kann ich auch über die Beleihungsgrenze finanzieren?
Banken finanzieren nur äußerst ungern über die Beleihungsgrenze hinaus, doch gänzlich unmöglich ist das Vorhaben nicht. Prinzipiell sind sogar Vollfinanzierungen möglich, bei denen Ihnen die Bank den gesamten Kaufpreis – teils sogar inklusive Kaufnebenkosten – auslegt. Um für eine derartige Finanzierung infrage zu kommen, müssen Sie als Kreditnehmer jedoch hervorragende Rahmenbedingungen mitbringen. So müssen Sie ein überdurchschnittlich hohes, gesichertes Einkommen nachweisen. Auch zusätzliche Sicherheiten – wie etwa andere bereits abbezahlte Immobilien – schaden sicherlich nicht. Selbst wenn die Bank Ihnen grünes Licht für eine Finanzierung über die Beleihungsgrenze hinaus gibt, sollten Sie das Vorhaben gut durchkalkulieren: Sie müssen mit sehr hohen Zinsen rechnen. Unter Umständen ist es besser, den Immobilienerwerb auf die lange Bank zu schieben und in der Zwischenzeit das nötige Eigenkapital anzusparen.
Wie verbessere ich den Beleihungsauslauf, um günstigere Zinsen zu erhalten?
Liegt der Beleihungsauslauf bei unter 60 Prozent, erhalten Sie besonders attraktive Kreditkonditionen. Gerade wenn Sie es mit Ihrem Eigenkapital auf einen Beleihungsauslauf von knapp über 60 Prozent bringen, sollten Sie versuchen, den Wert ein wenig herunterzuschrauben. So könnten Sie etwa prüfen, ob Sie noch andere Vermögenswerte als Sicherheit einbringen können. Möglich sind etwa Lebensversicherungen oder Wertpapierdepots. Auch diese Anlageformen gehen im Übrigen mit einem Beleihungswert einher: Bei Lebensversicherungen entspricht der Beleihungswert immer dem jeweiligen Rückkaufwert. Bei Wertpapierdepots muss das hohe Schwankungsrisiko ausgeglichen werden, weshalb Banken hier oft einen Sicherheitspuffer von bis zu 40 Prozent veranschlagen.
Wie erfolgt die Beleihungswertermittlung genau?
Um Ihnen ein Kreditangebot machen zu können, benötigt die Bank zahlreiche Unterlagen zu Ihnen als Kreditnehmer und zur Immobilie an sich. Dazu gehören etwa Exposé, Baupläne, Wohnflächenberechnung und ein aktueller Grundbuchauszug. Die Bank kann daraufhin auf 3 verschiedene Wertermittlungsverfahren zurückgreifen: Sachwertverfahren, Ertragswertverfahren und Vergleichswertverfahren. In der Regel wird eine Kombination aus mehreren verschiedenen Strategien angewendet, um zunächst den Verkehrswert zu ermitteln. Der Sicherheitsabschlag, der hiervon noch abgezogen wird, ist schließlich von Bank zu Bank unterschiedlich.
Fazit: Schon der Beleihungswert entscheidet über die Kredithöhe
Jede Bank legt Sicherheitsabschläge sowie Beleihungsgrenzen selbst fest, weshalb es wichtig ist, die Angebote zahlreicher verschiedener Banken zu vergleichen. Denn bereits die Höhe des ersten Sicherheitsabschlags entscheidet darüber, wie hoch Ihre maximale Darlehenssumme ausfallen kann. Setzt Bank A etwa einen Sicherheitspuffer von 10 Prozent an und Bank B einen von 25 Prozent, so erhalten Sie bei derselben Beleihungsgrenze bei Bank A eine höhere Kreditsumme.
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